Die Auswirkungen von Corona auf den Übergang Schule – Beruf

Pläne, Probleme und Perspektiven junger Menschen in Zeiten der Pandemie

14.09.2022 | Clemens Wieland

Jugendliche im Jahr 2022 blicken wenig optimistisch auf ihre Ausbildungsperspektiven – dies ist ein Ergebnis der dritten repräsentativen Befragung von jungen Menschen durch die Bertelsmann Stiftung seit Beginn der Corona-Pandemie. Clemens Wieland, Mit-Autor der Studie, gibt in seinem Gastbeitrag einen Überblick, wie junge Menschen vor dem Hintergrund der Corona-Auswirkungen der letzten Jahre ihren Berufswahlprozess erleben und wie sie das Beratungs- und Informationsangebot zur Berufswahl beurteilen. Zum Schluss beschreibt er, welche Ansatzpunkte für Jugendberufsagenturen sich aus diesen Erkenntnissen ergeben.

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Über den Autor


Clemens Wieland befasst sich als Senior Expert bei der Bertelsmann Stiftung mit den Themen Berufliche Bildung, Berufsorientierung und Übergangsmanagement auf nationaler und internationaler Ebene. Er hat in diesen Bereichen zahlreiche Projekte initiiert, Beiträge verfasst und Studien veröffentlicht – darunter auch die drei Befragungen junger Menschen zu ihren Ausbildungsperspektiven in der Corona-Zeit.

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Dritte Studie zu Einschränkungen durch die Pandemie

Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation in Deutschland ist im dritten Corona-Jahr, wie schon in den beiden Vorjahren, stark geprägt von der Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen. Das gilt auch für die berufliche Bildung. Die Kontaktbeschränkungen sowie die Lockdown- und Homeoffice-Phasen haben ihre Spuren hinterlassen. Hinzu kommen anhaltende Passungsprobleme: Immer mehr Betriebe können offene Ausbildungsstellen nicht besetzen, während gleichzeitig eine große Zahl von jungen Menschen keinen Ausbildungsplatz findet. Dies ist ein Phänomen, das schon vor Corona zu einer zentralen Herausforderung herangewachsen ist und mit Blick auf den wachsenden Fachkräftemangel weiter an Bedeutung gewinnt.

Um herauszufinden, wie Jugendliche selbst ihre Situation am Übergang Schule – Beruf vor dem Hintergrund der Auswirkungen durch die Pandemie wahrnehmen, hat die Bertelsmann Stiftung zum dritten Mal eine repräsentative Befragung von jungen Menschen zu ihren Ausbildungsperspektiven in Zeiten von Corona durchgeführt. Die Feldphase der hier vorgestellten Jugendbefragung war bereits weitgehend abgeschlossen, als der Krieg in der Ukraine begann. Das entstandene Stimmungsbild reflektiert also noch nicht das Kriegsgeschehen und daraus resultierende Verunsicherungen.(1)

Methodik der Befragung

Die Befragung wurde im Zeitraum vom 28. Januar 2022 bis zum 6. März 2022 durchgeführt. Befragt wurden 1.666 repräsentativ ausgewählte junge Menschen zwischen 14 und 20 Jahren. Die Daten wurden nach dem aktuellen Status Schülerin und Schüler/ Nichtschülerin und Nichtschüler sowie nach dem eigenen Schulbesuch bzw. -abschluss gewichtet. Zudem wurde die diesjährige Befragung repräsentativ auf Ebene der einzelnen Bundesländer durchgeführt. Um Aussagen auf Bundesebene vornehmen zu können, wurden die Daten aggregiert und entsprechend der Länderanteile gewichtet.

Besorgnis wegen Ausbildungsmöglichkeiten und –chancen

Copyright Informationen anzeigenInfografik mit Befragungsergebnissen zum Ausbildungsinteresse junger Menschen.
Abb. 1: Interesse an einer beruflichen Ausbildung

Die Ergebnisse der Befragung des Jahres 2022 zeigen: Für die Mehrheit der jungen Menschen ist eine Berufsausbildung – wie schon bei den vorherigen Befragungen – entweder die erste Wahl oder zumindest eine Option für ihre Zukunftsplanung. Obwohl höhere Bildungsabschlüsse – ob Schule oder Studium – im Urteil der Jugendlichen an Bedeutung gewonnen haben, sind mehr als die Hälfte der Befragten (67 Prozent) der Überzeugung, mit einer beruflichen Ausbildung Krisenzeiten besser überstehen zu können als ohne Berufsausbildung.

Gleichzeitig beeinflusst die Corona-Pandemie in der Wahrnehmung der meisten Befragten nach wie vor die berufliche Zukunft. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) empfindet die Suche nach einem passenden Ausbildungs- oder Praktikumsplatz als viel schwieriger als vor Beginn der Pandemie. Am stärksten ausgeprägt sind diese pessimistischen Einschätzungen bei jungen Menschen mit niedriger Schulbildung.

Zudem sind 54 Prozent der Befragten der Ansicht, dass die Chancen auf einen Ausbildungsplatz eher schlechter sind als vor Corona. Im Vergleich zum Vorjahr, als 70 Prozent der Jugendlichen dieser Meinung waren, hat sich das Stimmungsbild zwar deutlich verbessert, gleichgeblieben ist jedoch, dass besonders junge Menschen mit niedriger Schulbildung dieser Auffassung sind (2021: 78 Prozent; 2022: 68 Prozent). (Siehe Abbildung 2 und Abbildung3)(2)

Besonders Jugendliche mit niedriger Schulbildung blicken pessimistisch auf ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz.

Insgesamt haben im Vergleich zum Vorjahr mehr Jugendliche den Eindruck, dass nicht genügend Ausbildungsplätze vorhanden sind (2021: 32 Prozent; 2022: 37 Prozent). Unter den jungen Menschen mit niedriger Schulbildung – für die eine Ausbildung oft die einzige nachschulische Bildungsoption darstellt – sind sogar 49 Prozent der Auffassung, dass die Ausbildungsplätze nicht reichen. Betrachtet man bei dieser Frage nur diejenigen, die sich zum Zeitpunkt der Befragung auf Ausbildungsplatzsuche befanden, so stellt sich das Ergebnis noch dramatischer dar: 70 Prozent von ihnen sind der Ansicht, dass es zu wenig Ausbildungsplätze gibt. (Siehe Abbildung 4)

Wie passen diese pessimistischen Einschätzungen der Befragten zur Realität auf dem Ausbildungsmarkt und zu den Klagen der Betriebe über die vielen unbesetzten Ausbildungsstellen? Die bundesweite Angebots-Nachfrage-Relation (ANR), also das Verhältnis von angebotenen Ausbildungsstellen zur Nachfrage der Jugendlichen, lag in 2021 bei 99,1. Das erscheint auf den ersten Blick ein fast ausgewogenes Verhältnis zu sein. Aber der Bundesdurchschnitt verdeckt Unterschiede zwischen den Ländern: Betrachtet man die ANR in Bayern, so zeigt sich mit einem Wert von 111,3 ein deutlicher Überhang an unbesetzten Ausbildungsstellen, wohingegen in Berlin mit einer ANR von 83,8 etwa jeder Sechste der Ausbildungsnachfragenden rein statistisch keinen Ausbildungsplatz findet.(3) Im Rahmen der Jugendbefragung 2022 wurden die Antworten auch mit Blick auf die verschiedenen Bundesländer ausgewertet. Vergleicht man die Auswertungsergebnisse der Befragung mit der ANR in einzelnen Bundesländern, zeigt sich eine signifikante Korrelation der Werte: Je niedriger die ANR in einem Bundesland, desto höher der Anteil derjenigen befragten Jugendlichen, die die Zahl der Ausbildungsplätze für nicht ausreichend halten. Die jungen Menschen haben also offenkundig ein besseres Gespür der tatsächlichen Situation vor Ort als ihnen häufig unterstellt wird. (Siehe Abbildung 5)

Informationen zur Berufswahl – wenig Orientierung trotz großer Angebotsfülle

Copyright Informationen anzeigenInfografiken zu Möglichkeiten sich während der Pandemie über Berufe zu informieren.
Abb.6: Möglichkeiten der Berufsorientierung während der Pandemie

Die Möglichkeiten für Jugendliche, sich über Berufe zu informieren, sind durch die Pandemie bekanntermaßen stark eingeschränkt worden. Im Vergleich zu den vorherigen Befragungen zeichnet sich für einige Bereiche allerdings ein positiveres Bild. Da das Jahr 2022 ist nicht mehr durch Schulschließungen geprägt ist, werden mehr Möglichkeiten für Gespräche oder Bewerbungstrainings in Schulen angegeben. Fast die Hälfte (47 Prozent) der jungen Menschen findet, dass das Angebot wieder der Zeit vor Corona entspricht.

Schwierig gestaltet sich nach wie vor die Suche nach Praktikumsplätzen: Hier sind 68 Prozent der Meinung, dass es deutlich weniger Möglichkeiten gibt als vor Beginn der Pandemie. Auch Ausbildungsmessen (69 Prozent) und Informationsveranstaltungen in Betrieben (68 Prozent), beispielsweise Tage der offenen Tür, gibt es in Corona-Zeiten nach Angaben der Befragten deutlich weniger.

Herausforderungen bei der beruflichen Orientierung bestehen jedoch nicht allein auf Grund von pandemischen Einschränkungen. Über die Hälfte (53 Prozent) der Befragten gibt an, sich nicht in der Fülle von Informationen zur Berufswahl zurecht zu finden. Besonders junge Menschen mit niedriger und mittlerer Schulbildung berichten häufiger von Schwierigkeiten und im Umkehrschluss finden vor allem Jugendliche mit hoher Schulbildung, dass sie genügend Informationen haben und sich mit diesen auch gut zurechtfinden. Es scheint daher besonders wichtig zu sein, die vorhandenen Angebote zu strukturieren, systematisiert zur Verfügung zu stellen und Hilfestellung beim Umgang mit ihnen anzubieten, damit mehr junge Menschen gut damit zurechtkommen.

Die Befragung zeigt: Informationsangebote sollten strukturiert, systematisiert und besser begleitet werden.

Copyright Informationen anzeigenInfografiken zur Wahrnehmung des Informationsangebots zur Berufsorientierung

Abb. 7: Wahrnehmung des Informationsangebots zur Berufsorientierung

Unterstützung im Berufswahlprozess

Copyright Informationen anzeigenInfografik, wer junge Menschen bei der Ausbildungsplatzsuche unterstützt.
Abb. 8: Unterstützung bei der Ausbildungsplatzsuche

Die Jugendlichen wurden danach gefragt, von wem sie bei der Ausbildungsplatzsuche unterstützt wurden. Hier stehen – wie bei vielen vergleichbaren Befragungen – die Eltern mit großem Abstand an erster Stelle (78 Prozent). Dieses Ergebnis fällt noch einmal deutlich besser aus als im vergangenen Jahr und zeigt die große Bedeutung, die das Elternhaus gerade in Corona-Zeiten für die Jugendlichen erlangt hat. An zweiter Stelle folgt mit großem Abstand die Schule (56 Prozent), dann die Berufsberatung der Arbeitsagentur mit 51 Prozent. Auffällig ist, dass deutlich mehr Jugendliche mit niedriger Schulbildung von Unterstützung durch ihre Schulen – also insbesondere den Hauptschulen – und auch durch die Berufsberaterinnen und -berater der Arbeitsagentur im Berufswahlprozess berichten als diejenigen mit mittlerer und hoher Schulbildung. (Siehe Abbildung 9)

Aus der Gruppe der jungen Menschen, die zum Zeitpunkt der Befragung bereits einen Ausbildungsplatz gefunden hatten oder sich bereits in Ausbildung befanden, hätten sich 21 Prozent mehr Unterstützung bei der Ausbildungsplatzsuche gewünscht. Weitere 30 Prozent fanden die erfahrene Unterstützung zumindest teilweise unzureichend. Das heißt mit anderen Worten, dass knapp die Hälfte von ihnen zumindest partiellen, zusätzlichen Unterstützungsbedarf artikulieren. Dieser Wert liegt deutlich unter den Zahlen im vergangenen Jahr (2021: 71 Prozent). (Siehe Abbildung 10)

Der Wunsch nach mehr Unterstützung im Berufswahlprozess ist bei allen Befragten groß.

Der Wunsch nach mehr Unterstützung beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Ausbildungsplatzsuche und ist insgesamt groß. Besonders häufig nennen die Befragten den Wunsch nach nach einer Ansprechpartnerin, einem Ansprechpartner innerhalb der Schule (72 Prozent) als auch außerhalb davon (51 Prozent). Dieses Bedürfnis ist über alle Schulformen hinweg ausgeprägt, am stärksten allerdings innerhalb der Gruppe junger Menschen mit niedriger Schulbildung.

Die Befragungsergebnisse zeigen zudem, dass mehr junge Menschen mit hoher Schulbildung (58 Prozent) sich gern mit dem Thema Berufsorientierung beschäftigen, während sich jeder vierte Befragte mit niedriger Schulbildung nur ungern damit auseinandersetzt. Dazu passt, dass der Wunsch nach mehr schulischer Berufsorientierung im Sinne der Erkundung von eigenen Stärken und Interessen tendenziell häufiger von jungen Menschen geäußert wird, die das Abitur anstreben. (62 Prozent). (Siehe Abbildung 11 und 12)(4)

Bedeutung überfachlicher Kompetenzen

Erstmals wurde im Rahmen der Befragung untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen den überfachlichen Kompetenzen der Jugendlichen und ihrer beruflichen Orientierung gibt. Zu diesem Zweck wurden die Befragten gebeten, eine Selbsteinschätzung zu ihren sozialen, emotionalen und selbstregulativen Fähigkeiten abzugeben, indem sie sich in fünf überfachlichen Kompetenzen selbst bewerten: Auffassungsgabe, Beharrlichkeit, Selbstständigkeit, Selbstvertrauen und Tatendrang.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Befragten mit niedriger Schulbildung am schlechtesten bewerten. Das ist besonders wichtig vor dem Hintergrund, dass gleichzeitig viele Jugendliche mit niedriger Schulbildung in der Befragung angegeben haben, sich nicht gut in den Angeboten zur Berufsorientierung zurecht zu finden und sich weniger gern mit dem Thema Berufswahl auseinanderzusetzen. Mit anderen Worten: "Positive Erfahrungen mit den Angeboten der Berufsorientierung gehen einher mit einer positiven Selbsteinschätzung in relevanten überfachlichen Kompetenzen und umgekehrt."(5) Dieser starke Zusammenhang kann durchaus auch als Herausforderung für die Arbeit der Jugendberufsagenturen gesehen werden: Wie kann es gelingen, diesen Zusammenhang wechselseitig zu nutzen und beispielsweise über eine stärkere Beachtung der überfachlichen Kompetenzen auch Einfluss auf die Berufsorientierung des Einzelnen zu nehmen?

Copyright Informationen anzeigenInfografik zu Selbsteinschätzungen der überfachlichen Kompetenzen.

Abb. 12: Selbsteinschätzung zu überfachlichen Kompetenzen

Beratung und Begleitung – Ansatzpunkte für Jugendberufsagenturen

Die Gesamtschau der Ergebnisse macht deutlich, dass viele junge Menschen ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz wenig optimistisch beurteilen und sich zudem mehr Unterstützung bei der Berufsorientierung wünschen. Das gilt insbesondere für junge Menschen mit niedrigen Schulabschlüssen. Das ist insofern alarmierend, da vermutet wird, dass viele Jugendliche während der Pandemie gewissermaßen abgetaucht sind und sich auf Grund ihrer Verunsicherung gar nicht erst auf Ausbildungsplätze beworben haben. Teilweise wurden Schuljahre wiederholt, teilweise sind sie einfach zu Hause geblieben. Es ist daher möglich, dass es in den kommenden Jahren eine "Bugwelle" von ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen geben wird, die dann zusätzlich um die vorhandenen Ausbildungsplätze konkurrieren werden. Es ist anzunehmen, dass es sich dabei vorrangig um Jugendliche mit niedriger Schulbildung handeln wird, die nicht auf ein Studium ausweichen können.

Für den verstärkten Wunsch nach Unterstützung, Beratung und Begleitung sind Jugendberufsagenturen die geeigneten Anlaufstellen.

Vor diesem Hintergrund ist es begrüßenswert, dass im Koalitionsvertrag der 20. Legislaturperiode sowohl der Ausbau von Jugendberufsagenturen als auch die Einführung einer Ausbildungsgarantie festgeschrieben sind. Eine Ausbildungsgarantie – sofern sie so ausgestaltet ist, dass damit flexibel auf die Anforderungen der regionalen Ausbildungsmärkte reagiert werden kann – schafft die notwendige Bedingung dafür, dass mehr Jugendlichen als bislang ein Einstieg in Ausbildung ermöglicht werden kann. Die Umsetzung einer Ausbildungsgarantie ist ohne die Einbindung von Jugendberufsagenturen schwer vorstellbar, die als zentrale Anlaufstellen zur Unterstützung, Beratung und Begleitung junger Menschen bereits jetzt sehr wichtig sind und in ihrer Bedeutung voraussichtlich noch steigen werden – das beweist auch der starke Wunsch der jungen Menschen nach mehr Unterstützung und Ansprechpersonen. Folgt man den Befragungsergebnissen, so zeigen sich drei konkrete Ansatzpunkte für die Arbeit von Jugendberufsagenturen:

  • Aufklärung und Motivation:
    Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass sich oft gerade die jungen Menschen mit der Berufsorientierung schwertun, die ihre eigenen überfachlichen Kompetenzen schlechter bewerten. Zudem hat sich die Wahrnehmung, dass es nicht genügend Ausbildungsplätze und verschlechterte Chancen auf eine Ausbildung gibt, bei den jungen Menschen verstärkt. Jugendberufsagenturen können hier eine wichtige Rolle einnehmen, indem sie den Jugendlichen ein realistisches Bild ihrer tatsächlichen Chancen vermitteln und auf diese Weise vielleicht auch diejenigen zu Bewerbungen motivieren können, die aus Sorge vor Misserfolg ihre Bewerbungsaktivitäten ganz eingestellt haben. Dadurch lassen sich keine strukturellen Ungleichgewichte am Ausbildungsmarkt auflösen, wohl aber die Ausbildungsnachfrage erhöhen und Passungsprobleme reduzieren.
  • Individuelle Begleitung
    Die Befragung macht auch deutlich, dass junge Menschen großen Bedarf an Begleitung bei der Ausbildungsplatzsuche haben. Jugendberufsagenturen können individuelle Unterstützung selbst anbieten oder für den Einzelfall vermitteln. Die Herausforderung kann darin liegen, im Gespräch auch dann Unterstützungsbedarfe auszuloten, wenn sie von den jungen Menschen nicht auf Anhieb geäußert werden.
  • Orientierung
    Junge Menschen tun sich nicht nur schwer damit, sich in dem vielfältigen Angebot von Berufsorientierungsmöglichkeiten zurechtzufinden, sondern auch damit, institutionell die richtige Ansprechpartnerin, den institutionell richtigen Ansprechpartner zu finden. Durch ihr Angebot "aus einer Hand" können Jugendberufsagenturen am Übergang Schule - Beruf für unterschiedliche Fragestellungen eine wichtige Rolle in der Orientierung übernehmen, da in ihnen die Kompetenz von Arbeitsagentur, Jobcenter und Jugendamt organisatorisch gebündelt ist.

Neben aller Verunsicherung zeigt die Befragung, dass die berufliche Bildung nach wie vor attraktiv für junge Menschen ist. Das Potenzial der Jugendlichen für diesen Bildungsweg ist enorm. Gleichzeitig wird der Bedarf an Beratung, Orientierung und Vermittlung vor dem Hintergrund der Corona-Zeit weiter steigen. Die Jugendberufsagenturen sind dafür gut gerüstet.


Dieser Text ist eine Überarbeitung des ursprünglichen Gastbeitrags vom Juni 2021. Er wurde auf Grund der Veröffentlichung der Ergebnisse der dritten Befragung aktualisiert. Die ursprüngliche Version können Sie hier finden:.

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Zum Gastbeitrag

Fußnoten

  • 1Für ein aktuelleres Stimmungsbild der Jugend in Deutschland vergleiche: Liz Mohn Center/Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2022). Was bewegt die Jugend in Deutschland? Einstellungen und Sorgen der jungen Generation Deutschlands. Gütersloh.
  • 2Mit Ausnahme der Abbildungen 11 und 12 finden sich alle Abbildungen in Barlovic/Ulrich/Wieland, Ausbildungsperspektiven im dritten Corona-Jahr, 2022.
  • 3Vergleiche Schuß, Ausbildungsmarktanalyse 2022, Tabelle A1, ANR gemäß der neuen Nachfrageberechnung.
  • 4Die Abbildung 11 stammt aus Barlovic/Ulrich, Berufliche Orientierung 2022, Seite 19. Die Abbildung 12 stammt aus Hollenbach-Biele/Lepper, Überfachliche Kompetenzen 2022, Seite 25.
  • 5Hollenbach-Biele/Lepper, Überfachliche Kompetenzen 2022, Seite 27.

Literatur

Barlovic, Ingo/Ulrich, Denise/Wieland, Clemens (2022). Ausbildungsperspektiven im dritten Corona-Jahr. Eine repräsentative Befragung von Jugendlichen 2022. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh.

Barlovic, Ingo/Ulrich, Denise (2022). Die Ergebnisse der Befragung zum Thema berufliche Orientierung. In: Barlovic, Ingo et al. (2022). Berufliche Orientierung im dritten Corona-Jahr – Eine repräsentative Befragung von Jugendlichen 2022, S. 19. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh.

Hollenbach-Biele, Nicole/Lepper, Chantal (2022). Fokus: Überfachliche Kompetenzen und Berufsorientierung. In: Barlovic, Ingo et al. (2022). Berufliche Orientierung im dritten Corona-Jahr – Eine repräsentative Befragung von Jugendlichen 2022, S. 23-27. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh.

Schuß, Eric/Christ, Alexander/Oeynhausen, Stephanie/Fleming, Simone/Granath, Ralf-Olaf (2022). Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2021. Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Bonn.