Qualitätsentwicklung in Jugendberufsagenturen

Angebote, Strukturen und Prozesse auf die jungen Menschen ausrichten

09.07.2024 | Oliver Dick

Was die Qualität der Arbeit von Jugendberufsagenturen ausmacht und wie sie entwickelt werden kann, lässt sich nicht aus vorgegebenen Anforderungen ableiten, sondern muss von allen Beteiligten im Austausch erarbeitet werden. Die Adressaten der Jugendberufsagenturen, die jungen Menschen im Übergang, sind zentraler Bezugspunkt aller Aktivitäten, aber gesellschaftliche Belange wie die Sicherung des Fachkräftenachwuchses, müssen in gleicher Weise berücksichtigt werden. Oliver Dick vom ism beschreibt in seinem Beitrag, wie es gelingen kann, mit Hilfe eines kontinuierlichen Qualitätsmanagements die Angebote, Strukturen und Prozesse innerhalb einer Jugendberufsagentur auf den Ausgleich dieser Interessen auszurichten.

Dr. Oliver Dick

Über den Autor


Dr. Oliver Dick ist seit 1998 wissenschaftlicher Mitarbeiter des ism. Methodisch befasst er sich mit qualitativer und quantitativer Sozialforschung gleichermaßen. Seine Themenschwerpunkte sind Evaluation und Qualitätsentwicklung und damit zusammenhängend die Wissenschafts-, Politik- und Organisationsberatung. Die Gestaltung günstiger Rahmenbedingungen für junge Menschen am Übergang ins Erwachsenenalter ist ihm dabei ein besonderes Anliegen.

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Das ism Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V. widmet sich seit 1992 der Innovation und Evaluation sozialer Arbeit. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Verbesserung von Entwicklungschancen und -bedingungen junger Menschen. Dies wird umgesetzt durch die Beratung, Begleitung und Evaluation zahlreicher Projekte und Programme im Bereich des Übergangs von der Schule in den Beruf. Einen Schwerpunkt der Tätigkeiten stellt die Förderung der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit dar. Seit 2008 begleitet das ism e.V. den Aufbau und die Weiterentwicklung von Jugendberufsagenturen unter anderem durch Prozessbegleitung, regionale Analysen sowie Konzept- und Programmentwicklung.

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Die Ausgangssituation

Inzwischen sind zehn Jahre vergangen, seit im Jahr 2013 im Koalitionsvertrag der Bundesregierung erstmals das Ziel formuliert wurde: "Flächendeckend einzurichtende Jugendberufsagenturen sollen die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern II, III und VIII für unter 25-Jährige bündeln“.(1) In Städten wie beispielsweise Mainz, Düsseldorf, Bielefeld oder Hamburg, hatte man sich schon einige Jahre zuvor auf den Weg gemacht und Jugendberufsagenturen gegründet, auch anderenorts wurden im Rahmen der seit 2010 ins Leben gerufenen Arbeitsbündnisse "Jugend und Beruf" Erfahrungen in der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit im Bereich des Übergangs von der Schule in den Beruf gesammelt. Dabei hat sich gezeigt, dass die angestrebte Bündelung der Leistungen der drei Sozialgesetzbücher alles andere als banal ist und vielfältige inhaltlich-fachliche, strukturelle und prozessbezogene Herausforderungen mit sich bringt.

Copyright Informationen anzeigenSitzungssaal des Bundestages
Seit 2013 auf der Tagesordnung der jeweiligen Bundesregierung: Jugendberufsagenturen.

Gestaltung und Entwicklung der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit

Die konkrete Ausgestaltung und Weiterentwicklung der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit ist seither Dauerthema zahlreicher fachlicher wie politischer Diskurse. Bereits 2015 hat beispielsweise der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. (DV) "Empfehlungen  für eine gelingende Zusammenarbeit an den Schnittstellen der Rechtskreise SGB II, SGB III und SGB VIII" veröffentlicht(2), die anschließend als "Erfolgsmerkmale guter Jugendberufsagenturen"(3) weiter präzisiert wurden. Diese als "Grundlagen für ein Leitbild" gedachten Merkmale wurden 2017 vom Bundesnetzwerk Jobcenter aufgegriffen und um "Anregungen zu personellen und fiskalischen Ausgestaltungsmöglichkeiten" ergänzt(4). Während hierbei zunächst die Schaffung der strukturellen und institutionellen Rahmenbedingungen für eine gelingende Kooperation im Fokus stand, rückt seit einiger Zeit die Frage der Qualität dieser Kooperationsprozesse zunehmend ins Zentrum des Diskurses.

Wenn die strukturellen und institutionellen Rahmenbedingungen geschaffen sind, rückt die Qualität der Kooperationsprozesse in den Mittelpunkt.

Ein Indiz hierfür sind die 2022 veröffentlichten "Empfehlungen des Deutschen Vereins zur qualitativen Weiterentwicklung der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit von SGB II, SGB III, SGB VIII und SGB IX"(5). Unter dem Schlagwort "Handeln in Verantwortungsgemeinschaft" fordert der DV hier unter anderem, innerhalb der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit "die jungen Menschen mit ihren Anliegen und effektive Problemlösungen in den Mittelpunkt zu stellen" und dabei sowohl die Schulen systematisch einzubeziehen, als auch die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (SGB IX) mit in den Blick zu nehmen.

Copyright Informationen anzeigenAuf einem Tisch liegt ein großes Blatt Papier mit Planungsnotizen.

Keine abgeschlossene Entwicklung

Die Empfehlungen verdeutlichen, dass – auch wenn inzwischen (Stand 2021) 87 Prozent der Kreise und kreisfreien Städte über eine Jugendberufsagentur verfügen –,(6) deren Entwicklung nicht abgeschlossen ist und wohl auch niemals sein wird. Die Bündelung der Leistungen ist vielmehr eine Daueraufgabe für die Akteure im Übergang von der Schule in den Beruf, die es aufgrund der sich ständig wandelnden gesellschaftlichen und ausbildungsbezogenen Kontextbedingungen, aber auch aufgrund rechtlicher und institutioneller Veränderungen, immer wieder neu zu gestalten und auszutarieren gilt. Damit diese Prozesse auch tatsächlich zu einer Erhöhung des Nutzens für die jungen Menschen im Übergang führen, bedarf es einer systematischen Qualitätsentwicklung beziehungsweise eines Qualitätsmanagements in Jugendberufsagenturen. Vor dem Hintergrund der spezifischen organisationalen Bedingungen von Jugendberufsagenturen und mit Blick auf den Charakter der von ihnen angebotenen Leistungen, skizziert der vorliegende Beitrag Anknüpfungspunkte für diese Thematik.

Der Qualitätsbegriff zwischen Norm und Normanwendung

Zunächst sind der verwendete Qualitätsbegriff selbst und dessen Implikationen zu klären. Die aktuell gültige Qualitätsmanagementnorm DIN EN ISO 9000:2015-11 beschreibt Qualität als den "Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale eines Objekts Anforderungen erfüllt".

  • Qualität ist keine objektive Größe
    Eine zentrale Implikation dieser abstrakten Begriffsdefinition besteht darin, dass Qualität nicht als objektive Größe verstanden wird, sondern sich aus der Übereinstimmung zwischen den Anforderungen an ein Produkt oder eine Dienstleistung einerseits und der tatsächlichen Erfüllung dieser Anforderungen andererseits ergibt.
  • Qualität entsteht nicht zufällig
    Der Verweis auf den "Satz inhärenter Merkmale" eines Produktes beziehungsweise einer Dienstleistung deutet dabei darauf hin, dass Qualität nicht 'zufällig' entsteht, sondern die Erfüllung von Anforderungen auf die konkrete Beschaffenheit eines Produktes oder die Ausgestaltung einer Dienstleistung zurückgeführt werden kann.
  • Besonderheiten bei personenbezogenen Dienstleistungen
    Bei personenbezogenen Dienstleistungen wie denen einer Jugendberufsagentur ist weiterhin zu berücksichtigen, dass diese im Zusammenwirken (Koproduktion) von Anbietenden (den Fachkräften in der Jugendberufsagentur) und Nachfragenden (den ratsuchenden jungen Menschen) erbracht werden. In Bildungs- und Beratungsprozessen sind also "die 'Kunden' beziehungsweise 'Abnehmer' [...] innigst selbst an der Qualitätserstellung beteiligt, sind sie Teil des Produkts und somit Teil von dessen Qualität. Die Qualität von Produkt und Abnehmer fallen deshalb zusammen."(7)
  • Die Relevanz der gemachten Angebote
    Die Motivation zur Mitwirkung hängt auf Seiten der Adressaten dabei entscheidend von der individuellen Relevanz der angebotenen Unterstützungsleistung ab. Nur wenn junge Menschen den Eindruck haben, dass ihnen in der Jugendberufsagentur bei der Lösung eines für sie bedeutenden Problems geholfen wird und sie die Unterstützung als hilfreich erleben, werden sie sich auf das Angebot einlassen.

Entwicklung eines Qualitätsverständnisses

Reinhard Stockmann, ein Soziologe der sich wissenschaftlich intensiv mit dem Thema Qualität befasst hat, beschreibt es so: "dass die Qualität eines Produktes oder einer Dienstleistung nicht allgemeingültig bestimmt werden kann, sondern sich nach der Bewertung des Nutzens durch den Kunden bemisst. Diese Bewertung kann nach sehr unterschiedlichen Kriterien vorgenommen werden, die wiederum je nach situativem Kontext, kulturellen Besonderheiten und der Art des Produkts jeweils von sehr unterschiedlicher Bedeutung sein kann".(8) Im Hinblick auf die Etablierung einer systematischen Qualitätsentwicklung in Jugendberufsagenturen ergeben sich aus diesem Qualitätsverständnis eine Reihe zu klärender Fragen:

1. Die Anforderungen definieren

Wenn sich die Qualität einer Dienstleitung aus ihrem Beitrag zur Erfüllung spezifischer Anforderungen ergibt, so gilt es in einem ersten Schritt, diese Anforderungen zu definieren. Oberflächlich betrachtet mag das verhältnismäßig einfach erscheinen, geht es Jugendberufsagenturen doch darum, junge Menschen möglichst passgenau beim Übergang von der Schule in den Beruf zu unterstützen. Was aber unter einer passgenauen Unterstützung verstanden wird, hängt entscheidend von der Perspektive der beteiligten unterschiedlichen Anspruchs- und Interessengruppen ab. So kann beispielsweise nicht davon ausgegangen werden, dass die Vorstellungen der jungen Menschen, die sich an eine Jugendberufsagentur wenden, immer deckungsgleich sind mit denen der in der Jugendberufsagentur vertretenen Institutionen und deren Protagonisten. Im Falle von Jugendberufsagenturen kommt hinzu, dass es sich bei diesen nicht um eigenständige Organisationen handelt, sondern um hybride Gebilde, die zwar (bestenfalls) nach außen als Einheit auftreten, in ihrer Steuerung aber den gesetzlichen Aufträgen und institutionellen Handlungslogiken der jeweiligen Rechtskreise und der diese vertretenden Organisationen unterliegen.

Entscheidend ist die Perspektive der beteiligten unterschiedlichen Anspruchs- und Interessengruppen.

Ein Blick auf die in den Sozialgesetzbüchern II, III und VIII beschriebenen Zielsetzungen genügt, um sich zu vergegenwärtigen, dass auch zwischen den Partnern keine einheitliche Vorstellung bezüglich der Anforderungen vorausgesetzt werden kann. Während Jobcenter laut SGB II insbesondere zwei gleichrangige Ziele verfolgen, den Leistungsberechtigten einerseits zu "ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht", andererseits, den Leistungsberechtigten und ihren Angehörigen zu ermöglichen, ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten zu können(9), und die Agenturen für Arbeit ausgehend von der im SGB III normierten Arbeitsförderung primär "dem Entstehen von Arbeitslosigkeit entgegenwirken, die Dauer der Arbeitslosigkeit verkürzen und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt unterstützen"(10) sollen, ist es die Aufgabe der öffentlichen Jugendhilfe, ausgehend vom SGB VIII, "junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern und dazu beizutragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen [...]"(11).

2. Die Rollenverteilung prüfen

Angesichts dieser Heterogenität und Vielfalt an Erwartungen stellt sich die Frage, wer letztlich darüber entscheidet, welche Anforderungen an die Dienstleistungen der Jugendberufsagenturen zu stellen sind. Handelte es sich bei den ratsuchenden jungen Menschen um 'Kunden' im eigentlichen Sinne, wäre diese Frage leicht zu beantworten, denn dann wären ausschließlich sie es, die diesbezüglich ein Definitionsmonopol hätten.

Qualität kann nur von allen Beteiligten gemeinsam definiert werden.

Da sich soziale Dienstleistungen aber durch einen doppelten Kundenbezug auszeichnen(12), das bedeutet, dass neben den unmittelbaren Adressaten (hier den jungen Menschen) auch den diese Dienstleitung finanzierenden Sozialleistungsträgern de facto ein Kundenstatus zufällt, ist es in diesen Fällen deutlich schwieriger eine Antwort zu finden. Bei Jugendberufsagenturen gestaltet sich die Situation noch komplexer, da hier mindestens drei institutionelle Kunden zufrieden zu stellen sind.

3. Konzentration auf die Struktur- und Prozessqualität

Selbst wenn es den beteiligten Partnern gelungen ist, sich auf Anforderungen zu einigen, bleibt immer noch die Frage offen, wie festgestellt werden kann, inwiefern beziehungsweise bis zu welchem Grad die angebotenen Dienstleistungen diese Anforderungen auch erfüllen. Hier kommt insbesondere der spezifische Charakter personenbezogener oder sozialer Dienstleistungen als Koproduktion zum Tragen, das bedeutet, die Qualität eines Beratungs- oder Begleitungsprozesses kann nicht unmittelbar über das Ergebnis bestimmt werden, da dieses maßgeblich von dem Adressaten selbst abhängt. Ob beispielsweise die Beratung eines jungen Menschen tatsächlich zu einer Ausbildungsaufnahme führt, ist nur bedingt von den Fachkräften einer Jugendberufsagentur zu beeinflussen. Es hängt hauptsächlich von dem beratenen jungen Menschen selbst sowie von den Rahmenbedingungen des Ausbildungsmarktes ab. Die Integration in Ausbildung stellt deshalb keinen geeigneten Indikator dar, anhand dessen die Qualität des Angebots einer Jugendberufsagentur bewertet werden könnte.

Jugendberufsagenturen können die Kontextbedingungen ihrer Beratungs- und Begleitungsprozesse gestalten.

Worauf Jugendberufsagenturen jedoch Einfluss haben, ist die Gestaltung von Kontextbedingungen, die gelingende Beratungs- und Begleitungsprozesse wahrscheinlicher machen, ohne diese determinieren zu können(13). Qualitätsentwicklung in Jugendberufsagenturen muss sich vor diesem Hintergrund auf Aspekte der Struktur- und Prozessqualität fokussieren und sich der Frage widmen, wie die Angebote so gestaltet werden können, dass diese das Gelingen von Übergänge effektiv unterstützen.

Gemeinsames Qualitätsverständnis – junge Menschen als zentraler Bezugspunkt

Copyright Informationen anzeigenFünf junge Menschen gehen über ein Industriegelände mit Backsteinbauten.

Für das Gelingen von Übergangsprozessen sind Motivation und Mitwirkungsbereitschaft der jungen Menschen entscheidend

Da für die Arbeit von Jugendberufsagenturen keine einheitlichen Anforderungen vorgegeben sind, kann ein gemeinsames Qualitätsverständnis nicht deduktiv abgeleitet werden, sondern es muss diskursiv von allen Beteiligten erarbeitet werden. Auch wenn die Adressaten der Jugendberufsagenturen, die jungen Menschen im Übergang, hierbei nicht die alleinige Definitionsmacht haben und gesellschaftliche Belange wie die Sicherung des Fachkräftenachwuchses in gleicher Weise zu berücksichtigen sind, so stellen diese doch den zentralen Bezugspunkt aller Aktivitäten dar. Dies ergibt sich notwendigerweise aus der Tatsache, dass gelingende Übergangsprozesse von der intrinsischen Motivation und Mitwirkungsbereitschaft der jungen Menschen abhängen und nicht gegen deren Willen durchgesetzt werden können. Qualitätsentwicklung in Jugendberufsagenturen muss vielmehr, wie vom DV gefordert, "die jungen Menschen mit ihren Anliegen und effektive Problemlösungen in den Mittelpunkt zu stellen". Daraufhin gilt es, sämtliche Angebote, Strukturen und Prozesse innerhalb einer Jugendberufsagentur auszurichten. Der Weg dorthin lässt sich prinzipiell in fünf Schritte unterteilen:(14)

  • Damit das Angebot der Jugendberufsagenturen für die jungen Menschen von Nutzen sein kann, ist es erforderlich, deren Anliegen und Probleme im Übergang zu erkennen und zu verstehen. Den Ausgangspunkt des Qualitätsentwicklungsprozesses stellt daher eine beteiligungsorientierte Bedarfserhebung dar, bei der die Situation am Übergang aus unterschiedlichen Perspektiven und mit verschiedenen Methoden betrachtet wird.
  • Parallel dazu gilt es, die Angebote am Übergang Schule – Beruf im Zuge einer Bestanderhebung zusammenzustellen und bestehende Schnittstellen und Kooperationsformen zwischen den Partnern der Jugendberufsagentur zu beschreiben. Dabei geht es zum einen darum, einen Überblick darüber zu gewinnen und transparent zu machen, was den operativen Kern der Jugendberufsagentur darstellt. Zum anderen stellt sich die Frage der qualitativen Ausgestaltung der Angebote und Kooperationen: Welche Zielgruppen werden adressiert, wie erfolgt der Zugang zu den Angeboten, welche konzeptionellen Spezifika zeichnen die Angebote aus, wie gestaltet sich rechtskreisübergreifende Kooperation und viele weitere, damit verbundene Punkte.
  • Die anschließende Kontrastierung der Ergebnisse aus Bedarfs-, Bestands- und Schnittstellenanalyse ermöglicht eine systematische Identifikation von Anknüpfungspunkten oder Handlungsoptionen zur qualitativem Weiterentwicklung der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit. Zentraler Bezugspunkt ist dabei die Frage, ob, jeweils vom Standpunkt der jungen Menschen aus gesehen,
    a) die richtigen Unterstützungsangebote im nötigen Umfang vorgehalten werden und
    b) die Ausgestaltung der Angebote konzeptionell geeignet ist, die Anliegen der jungen Menschen adäquat zu bearbeiten.
  • Auf dieser Grundlage lässt sich dann eine Strategie zur (Weiter-)Entwicklung der Jugendberufsagentur entwerfen und umsetzen. Maßgeblich ist dabei der sich aus den zu definierenden strategischen Zielen und den daraus abzuleitenden operativen Maßnahmen ergebende konkrete Nutzen für die jungen Menschen. Damit wird sichergestellt, dass weder fiskalische Gründe noch die Perspektiven der einzelnen Rechtskreise die Strategieentwicklung und –umsetzung dominieren, sondern die Anliegen der jungen Menschen.
  • Inwiefern dies erfolgreich ist, gilt es im Rahmen einer systematischen, regelmäßig, etwa jährlich, durchgeführten Evaluation zu bewerten. Hierzu ist wichtig, rechtskreisübergreifend geeignete Kriterien und Indikatoren zu definieren und zu erheben, anhand derer es möglich ist, die individuellen Unterstützungsbedarfe sowie die mit Blick auf diese erzielten Effekte der Begleitung in der Jugendberufsagentur angemessen abzubilden. Darüber hinaus ist es wichtig zu erfahren, wie die jungen Menschen selbst die Begleitung durch die Jugendberufsagentur erleben und ob sie diese als hilfreich empfinden.

Das Verständnis von Qualität muss von und mit allen Beteiligten ausgehandelt werden.

Zusammenfassend lässt sich Qualitätsentwicklung in Jugendberufsagenturen als eine systematische und kontinuierliche Selbstreflexion und –vergewisserung beschreiben. Mit Blick auf die Heterogenität der lokalen Ausgangsbedingungen, die Komplexität der individuellen Handlungsbedarfe, die Vielzahl von Akteuren und Angeboten im Bereich des Übergangs von der Schule in den Beruf und die Unterschiedlichkeit der lokalen und regionalen Kooperationsmodelle, geht es bei der Qualitätsentwicklung nicht um Standardisierung oder Formalisierung, sondern darum, dass jede Jugendberufsagentur das tut, was zu ihr passt und was dazu beiträgt, den Anliegen der jungen Menschen in ihrem jeweiligen Einzugsgebiet gerecht zu werden.

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Fußnoten

Fußnoten

Fußnoten mit Literaturangaben

  • 5Empfehlungen (DV 31/20): Erfolgsmerkmale guter Jugendberufsagenturen
    Empfehlungen des Deutschen Vereins zur qualitativen Weiterentwicklung der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit von SGB II, SGB III, SGB VIII und SGB IXDeutscher Verein: Empfehlungen 31/20
  • 6Servicestelle Jugendberufsagenturen im Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.): Jugendberufsagenturen bundesweit. Ergebnisse aus der Erhebung zu rechtskreisübergreifenden Kooperationsbündnissen am Übergang Schule – Beruf. Bonn 2022. S. 8Servicestelle-jba: Jugendberufsagenturen bundesweit
  • 7vgl. Arnold, Rolf und Faber, Konrad. 1997, S. 151-159.
    Die Einbindung wissenschaftlicher Weiterbildung in die Diskussion um die Qualitätssicherung der akademischen Lehre in: Arnold, Rolf (Hrsg.) : Qualitätssicherung in der Erwachsenenbildung, Opladen 1997
  • 8Stockmann, Reinhard: Qualitätsmanagement und Evaluation - konkurrierende oder sich ergänzende Konzepte? (CEval-Arbeitspapier, 3). Saarbrücken: Universität des Saarlandes, Fak. 05 Empirische Humanwissenschaften, CEval - Centrum für Evaluation. 2002. S.3
  • 9vgl. § 1 Abs. 1 und 2 SGB II
  • 10vgl. § 1 SGB III
  • 11vgl.§ 1 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII
  • 12vgl. Nüssle, Werner (2000): Qualität für wen? Zur Angemessenheit des Kundenbegriffs in der Sozialen Arbeit. In: Zeitschrift für Pädagogik 46 (2000) 6, S. 831-850
  • 13vgl. Zech, Rainer 2006: Handbuch Lernerorientierte Qualitätstestierung in der Weiterbildung (LQW), S. 244ff
  • 14vgl. hierzu und zu den folgenden Punkten: Praxishilfe 2 – Zusammenarbeit (weiter)entwickeln. Noch nicht veröffentlicht.